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emäldezyklus Öl auf Leinwand, 80x110cm:
Die Gemälde waren seit 2009 mit der gewaltsamen Öffnung der Räume von Schloss Daschow durch den Gerichtsvollzieher im Auftrag der anonymen Ersteigerer verschwunden. Nach einer langwierigen Suchaktion und der Veröffentlichung der Bilder in der BILD-Zeitung und der Schweriner Volkszeitung konnten die Bilder gefunden und dem rechtmäßigen Eigentümer übertragen werden.
Bei dem Gemäldezyklus „Die vier Jahreszeiten“ handelt es sich um ein besonders wertzuschätzendes Kunstwerk aus der historisch abgeschlossenen Kunstepoche der DDR (1945 bis 1989).
In einzigartiger Weise stellt sich hier das Schaffen von Kunst in der DDR dar. Der Auftrag für die Werke stammt von der damaligen LPG Karow (Mecklenburgische Seenplatte, bei Güstrow) – entsprechend sind auch die erwünschten Motive, nämlich die vier Jahreszeiten im ländlichen Raum dargestellt: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Nach der Fertigstellung der Gemälde gab es nach Aussagen von Zeitzeugen eine Präsentation der Bilder und eine ausführliche Aussprache zusammen mit den Arbeitern der LPG und den vier Künstlern, sowie Kultur-Redakteuren der Schweriner Zeitung bzw. des Neuen Deutschland. Auf diese Weise wollte man systemkonform Kunst in ihrem besonderen politischen Auftrag gerecht werden.
Das wirtschaftliche und organisatorische sowie künstlerische Zusammenwirken beider Seiten – der landwirtschaftlichen Produktion und dem Künstler als Intellektueller – stellt eine Art Aufhebung der Arbeitsteilung zwischen sog. Proletariat und Intellektuellen dar wie sie sich der Sozialismus vorgestellt hat. In der ausgiebigen Präsentation und Diskussion der Bilder vollzieht sich so auch eine so gewollte Erwachsenenbildung, dies berichten Zeitzeugen.
Das gesamte Werk hat auch einen sehr regionalen Aspekt. Man wollte damit auch zeigen, dass Kunst nicht nur in den Metropolen der DDR wie z.B. Berlin oder Leipzig zu finden war, sondern auch fester Bestandteil der Errungenschaften des sozialistischen Lebens in der sog. Provinz oder auf dem „flachen Land“ fernab der Metropolen war. Kunst war gewollt als ein intellektuelles Gut, welches allen Bevölkerungskreisen - insbesondere der Arbeiterklasse - ohne Schranken zugänglich gemacht und zur Verfügung gestellt werden sollte, ja sogar wie hier speziell in Auftrag gegeben wurde. Der Nachweis oder die Intention dessen spiegelt sich in diesem Gemäldezyklus und wie er zustande kam und genutzt wurde wider.
So ist nicht verwunderlich, dass das Frühlingsbild (ein Traktorist nach getaner Arbeit auf dem Felde) einen typischen Protagonisten der Arbeiterkultur darstellt, der zufrieden eine Zigarette raucht. Dieses Bild kommt dem sog. „sozialistischen Realismus“ – so wird diese ausgeprägte Stilrichtung und Kunstform deklariert - am nächsten.
Da es sich bei allen vier Künstlern um herausragende Schüler berühmter Kunsthochschulen handelt (Dresden, Leipzig, Berlin) ist auch nicht verwunderlich, dass sie auch eigene Formen und Stilelemente pflegen. Es handelt sich jeweils um sehr anspruchsvolle Techniken (z.B. im Winterbild die senkrechte Strichtechnik; wenngleich - als Nebenbemerkung - damals kritisiert wurde, dass auf dem „Winterbild“ kein Schnee zu sehen ist).
Aus diesem Grund der Hochwertigkeit, sozusagen neutral betrachtet ohne eine politische, regionale und historische Wertung, sind von diesen Künstlern zu DDR-Zeiten und auch heute Gemälde in Landesmuseen oder als Ausstellungsstücke in wirklich repräsentativen Gebäuden wie Landesministerien, etc., zu finden.
Neben dem typischen Protagonisten handelt es sich bei den anderen Motiven auch um alt hergebrachte, typisch deutsche Motive: Getreideähre (Naturnähe), Dorfstrasse (Heimat), die sozusagen mit dem DDR-Regime nicht verloren gegangen sind, und die den Gemälden einen zeitlosen Wert geben. Höchstwertig scheint das expressionistisch anmutende Sommer-Gemälde mit dem Blumenstrauß in der Vase zu sein.
Die speziell artikulierte künstlerische Beauftragung durch ein „Kollektiv“, die eigene Inspiration und das sehr hohe künstlerische Niveau mit dem regional vor Ort verwachsenen sozialistischen Realismus verschafft den Gemälden in dieser sehr seltenen Viererkombination einen besonderen nicht wieder bring baren Wert für die zeitgeschichtliche Dokumentation – insbesondere für die Region Mecklenburg-Vorpommern. Sie sind aber auch von exemplarischem Wert für ganz Deutschland, d.h. für Landesmuseen, Heimatmuseen, Kunstunterricht an Schulen und sonstigen pädagogische Einrichtungen und Galerien.
Ihre Positionierung in der Öffentlichkeit regt die Besucher gerne an, die jüngste Geschichte bis heute verstehend zu betrachten und gerade Vieles nicht auszublenden oder so zu tun wie wenn die Geschichte dieses Landstriches erst 1989 begonnen hätte.
Weitere gutachterliche Stellungnahmen und Informationen zum Thema können eingeholt werden:
Die historische und künstlerische Bedeutung von DDR-Kunst bekam eine hervorragende Erhellung und Aufwertung mit der staatlichen Ausstellung von zahlreichen Werken in Weimar im Jahr 2013. In kürzester Zeit waren die Kataloge vergriffen. Die Besucherzahl einschließlich internationalem Publikum war exorbitant hoch.